GUT ZYPLIAI
1807 schenkte der französische Kaiser Napoleon einem seiner Marschalle, dem Fürsten Józef Antoni Poniatowski, das Gut Zypliai. Der Fürst starb kurz darauf und das Anwesen ging in den Besitz von Jan Bartkowski über. Ab 1891 war Graf Tomasz Potocki Herr auf Gut Zypliai. Unter den Potocki wurde das Gut von einem Feuer verwüstet. Eine Dampfmaschine war in Brand geraten und hatte sämtliche Holzbauten in Flammen aufgehen lassen. An ihrer Stelle wurden aus Feld- und Ziegelsteinen neue Wirtschaftsgebäude gemauert. Das Herrenhaus bestückte man mit zweistöckigen Seitenflügeln und die heimischen Bäume im Park wurden durch exotische Gewächse ergänzt.
Die Potocki lebten nicht beständig auf dem Gut. Der Gutsherr kehrte öfter ein, während seine Frau mit den drei Töchtern Pelagia, Irena und Constanzia nur die Sommer hier verbrachte. Die jungen Gräfinnen mussten im Gemüsegarten jeweils ein Beet bestellen. Das Jäten trugen sie lieber der Gärtnertochter auf. Diese erhielt zum Lohn Süßigkeiten oder durfte mit dem Hund spielen. Vor Weihnachten nähten die Gräfinnen Kleider oder Hemden für die Kinder der Gutsangestellten, die sie ihnen am Heiligabend überreichten. Der gebildete und kunstinteressierte Gutsbesitzer richtete litauische Abende aus. In Lukšiai gründete er einen Landwirtschaftsverband, außerdem kümmerte er sich um das von ihm gestiftete Altenheim. Die Gräfin hatte sich zur Fürsprecherin der Kranken gemacht. Sie verteilte Arzneien und machte bei denen, die selbst nicht gehen konnten, mit ihrer Dienerin und einem Korb voll mildtätiger Gaben Krankenbesuche.
In seiner Freizeit griff der Graf zur Feder und schrieb Theaterstücke. Einer seiner Stücke wurde sogar in Warschau aufgeführt. Leider konnte der Autor die Premiere nicht mehr miterleben, da er 1912 bei einem Aufenthalt in Warschau starb.
Die zum Gut beförderten Gebeine wurden von einer Schar Bediensteter und Instleute empfangen. Vier mit Decken geschmückte Schimmel zogen den Metallsarg. Der betrauerte Graf wurde auf dem Friedhof von Peleniai bestattet. Die Gräfin zog mit dem Ausbruch des Krieges nach Warschau.
1919 wurde das Priesterseminar Seinai auf das Gut verlegt. Später öffnete eine Landwirtschaftsschule ihre Türen, wiederum später unterhielt man auf dem Gut ein Krankenhaus, eine Maschinen-Traktor-Station sowie ein Kolchoskontor. Heute gibt es in den Gutsgebäuden eine Galerie, außerdem werden Ausstellungen und Konzerte veranstaltet.