GUT TRAKŲ VOKĖ
Der Name Vokė findet in den Quellen seit 1375 Erwähnung. Damals zogen die Kreuzritter durch das Land. Eine Zeit lang hatte Vokė wechselnde Besitzer, bis es Mitte des 19. Jahrhunderts schließlich Jan Witold Emanuel Józef Tyszkiewicz erwarb. Im Besitz der Tyszkiewicz sollte das Gut fast 100 Jahre bleiben.
Zunächst nutzten sie das Anwesen nur als Sommersitz. Als sie gänzlich nach Trakų Vokė übersiedelten, entwarf der italienischen Architekten Leandro Marconi ein prachtvolles Herrenhaus im Stil der Warschauer Königsresidenz. Mit wertvollen Gemälden, kostbaren Kachelöfen und Kristalllüstern gestaltete sich auch der Innenbereich luxuriös.
Der Besitzer des Anwesens hatte alle Gutsbelange fest in der Hand. Er kümmerte sich um Familienangelegenheiten, richtete Jagden und Empfänge aus, organisierte sogar den Kauf von Kleidung und Hüte für seine schöne Frau Izabela Tyszkiewicz. Im Salon hatte er seinen Stammsessel, in dem er die Zeitung las. Dabei durfte man ihn auf keinen Fall stören. Izabela wiederum legte im Winter die Stricknadel nicht aus der Hand. Sie strickte Schals, Handschuhe, Mützen und Socken als Geschenke für die Bediensteten.
Weihnachten stellten sich alle ihrem Dienstrang gemäß auf, um die Gaben in Empfang zu nehmen. Dazu gab es ein Gläschen Wodka und für die Kinder Naschwerk. Die Gräfin war deshalb bei den Ortsansässigen sehr beliebt. Wegen ihrer Schönheit und Religiosität nannte man sie sogar die „Monstranz“.
Mit Untergebenen und Gästen sprachen die Tyszkiewicz französisch, untereinander hingegen polnisch. Nachdem sie sich auf dem Anwesen eingerichtet hatten, ließen sie es sich gutgehen. Das Frühstück nahmen sie in ihrem Zimmer ein. Bis 12 Uhr bewegten sie sich im Haus nur im Morgenmantel. Erst danach zogen sie sich elegant an und setzten sich um 15 Uhr herausgeputzt an den Tisch zum Mittagessen. Den Speiseplan stimmte die Gräfin mit den Haushälterinnen am Vorabend ab. Mittags gab es sechs verschiedene Gerichte. Wenn Gäste ins Haus standen, wurden die Zimmerecken mit Fichtennadeln bestreut und die Öfen mit Zimtholz gefeuert, um in den selten gelüfteten Räumen einen angenehmen Duft zu verbreiten.
Als der Graf 1892 starb, erbte sein jüngerer Sohn Jan Józef Tyszkiewicz das Anwesen. Der neue Gutsherr beauftragte den Landschaftsarchitekten André mit der Neugestaltung des Parks. Unter den Hangkaskaden wurden sogar Steinwannen für die Herrschaften aufgestellt. Der nachfolgende Erbe Jan Mykolas Tyszkiewicz kam auf tragische Weise ums Leben. Am seinem 43. Geburtstag stürzte er mit seinem Flugzeug auf dem Heimflug ab. Einige Monate später zog die Gräfin mit den Kindern in den Westen.
Das herrenlose Gut zerfiel. Ab 1945 nutzte es der Ministerrat als Sommerhaus, später beherbergte es die Zweigstelle Vokė des Landwirtschaftsinstitut Dotnuva. 2014 wurde die öffentliche Einrichtung Gut Trakų Vokė ins Leben gerufen.