GUT SALDUTIŠKIS
Das Gut Saldutiškis findet seit Ende des 18. Jahrhunderts Erwähnung. Man hält Antoni Jałowiecki, der das Anwesen 1832 erwarb, für seinen Gründer. Jałowiecki ließ auf Saldutiškis nach seinen Vorstellungen ein Herrenhaus im klassizistischen und Wirtschaftsgebäude erbauen.
Seine eigentliche Blütezeit erlebte das Gut, als Bołeslav Jałowiecki es von seinem Großvater Antoni übernahm. Der neue Besitzer, ein Absolvent der St. Petersburger Militärakademie, interessierte sich für die Eisenbahn. Über technische Zeichnungen gebeugt entwarf er in der Bibliothek zwei Luxuszüge für den Zaren, eine mit zehn und einen mit zwölf Wagen. 1888 erfuhr Bołeslav, dass einer der Züge mit dem Zaren und dessen Familie entgleist war. Zum Glück hatte er bei seinen Entwürfen die Sicherheit genügend berücksichtigt, und die illustren Fahrgäste kamen mit ein paar Kratzern davon. Zur Belohnung erhielt er die Erlaubnis, zusätzliches Land um Saldutiškis zu kaufen. Die Gutswirtschaft erweiterte sich. Man baute einen Marstall, einen Viehstall, eine Dreschtenne und einen Eiskeller. Rings um das Herrenhaus legte man einen elf Hektar großer Park, einen Garten und Blumenbeete an.
Seiner Leidenschaft für die Eisenbahn blieb der Gutsherr treu. Die Gleise der ersten Schmalspurbahn Litauens von Panevėžys nach Švenčionėliai führten über Saldutiškis. Als dort auch eine Bahnstation errichtet wurde, ließ der Gutsbesitzer eine direkte Straße zum Gut bauen. Neben der Eisenbahn nahm er Anteil am politische Geschehen und vertrat Ostlitauen in der russischen Duma. Lange Zeit war er Mitarbeiter der in Vilnius erscheinenden Zeitschrift „Litwa“. Während des Ersten Weltkriegs half er nach Russland geflüchteten Litauern. 1917 starb Bołeslav Jałowiecki mit 71 Jahren.
Noch zu seinen Lebzeiten hatte sein Sohn Mieczysław Jałowiecki begonnen, sich ebenfalls um die Gutsbelange zu kümmern. Der Erbe von Saldutiškis gründete schließlich einen Bauernverband, in den er die ortsansässigen Landwirte einbezog. Nach dem Tod des Vaters übersiedelte er zunächst nach Polen und später nach London.
Während des Ersten Weltkriegs diente das inzwischen herrenlose Gut als Militärkommandantur. 1938 wurde auf dem Gut eine Salesianerkloster gegründet und in den Wirren des Zweiten Weltkriegs wieder geschlossen. Später gab es auf dem Gut ein Krankenhaus und eine Schule.
Die Gebäude auf Gut Saldutiškis wurden inzwischen privatisiert und für kulturelle Veranstaltungen und Konferenzen hergerichtet.