GUT ALANTA
Das kleine Städtchen Alanta findet erstmals im Jahr 1436 Erwähnung. Damals hatte Sigismund Kęstutaitis es dem Edelmann Kristinas Astikas für dessen Verdienste geschenkt. Über 200 Jahre später gelangte das Gut in den Besitz der Radziwiłł. Von da an trieb es Handel mit Getreide und exportierte Salz aus Riga. Für reichlich Gerede sorgte das Alchemie- und Medizinlabor von Krzysztof Radziwiłł. Solcherlei Wissenschaften hielten die Ortsansässigen für Hexerei.
Einen weiteren Aufschwung erfuhr das Gut unter dem polnischen Gutsherrn Tadeusz Pac-Pomarnacki, der 1853 mit dem Bau des Herrenhauses begann. Er bestellte Granitsäulen in Finnland, ließ sie nach Klaipėda verschiffen und von dort schließlich mit Stiergespannen nach Alanta bringen. Zu der Sommerresidenz im Stil einer italienischen Villa gehörte ein vierstöckiger Turm mit einer achteckigen Aussichtsplattform. Wenn der Hausherr anreiste, wurde dort die Fahne mit dem Familienwappen gehisst. Gewöhnlich weilte er vom Frühjahr bis zum Herbst auf Gut Alanta. Er brachte stets Süßigkeiten mit, und bei der Abfahrt ließ er hinter dem Zaun Kleidung liegen. Die Geschenke vermochten die Kränkungen des grausamen und unbarmherzigen Gutsbesitzers jedoch nicht wettzumachen.
Von seinem Turm aus überwachte der Herr argwöhnisch, ob seine Leibeigenen nicht unter ihren Kleidern ein Säckchen mit Getreide verbargen. Diese wussten sich zu helfen: sie nähten in ihre Leinenhosen über die ganze Beinlänge Innentaschen, die sie mit Korn füllten und nach Hause trugen. Sie mussten auch an Feiertagen schwer arbeiten und litten unter den unmenschlich hohen Abgaben. Wer diese nicht entrichten konnte, wurde erbarmungslos fortgejagt. Als die Grausamkeit des Herrn nicht mehr zu ertragen war, beschwerten sich die Leibeigenen bei dem Bischoff Mykolas Valančius. In einem bis in unsere Tage erhaltenen Schreiben von 1858 heißt es, der Gutsherr schlägt sogar schwangere Frauen und mancher seiner Schläge hat zu Taubheit und ausgeschlagenen Zähnen geführt. Geholfen hat ihnen das jedoch nicht. Als der Gutsherr von dem Schreiben erfuhr, geriet er außer sich vor Zorn, rief Soldaten herbei und positionierte sie vor den Stuben der Leibeigenen.
So unbarmherzig er sich gegenüber seinen Leibeigenen zeigte, war der Gutsherr im Gespräch über Kunst nicht wiederzuerkennen. Er beherrschte mehrere Fremdsprachen, reiste gern und hatte sich eine beeindruckende Kunstsammlung zugelegt. Im Esszimmer stand die Skulptur eines Samurai, die Wände schmückten japanische Zierteller. Das war das sogenannte „Japanische Zimmer“. Hier bedienten nur fremdländische Bedienstete. Ortsansässigen registrierten mit Staunen, dass der Gutsherr sogar schwarze Diener auf das Gut brachte.
Vor dem Ersten Weltkrieg verpachtete der Besitzer das Gut, verstaute seine wertvollsten Besitztümer auf vierzehn Wagen und fuhr davon.
In den Jahren der Sowjetherrschaft wirkte auf dem Gut eine Landwirtschaftsschule, deren Lehrer und Schüler auch dort lebten. 1974 wurde im ersten Stock eine Bibliothek eingerichtet. In der rechten Hälfte etablierte man das Museum mit Galerie des Guts Alanta.