Gut Saldutiškis ist seit dem 18. Jahrhundert bekannt. Im Bezirk Utena ist es das am besten restaurierte Anwesen. Als Gründer gilt der russische Edelmann Antoni Jałowiecki, der hier 1832 ein Herrenhau im Stil des Klassizismus erbauen ließ. Bis zum Ersten Weltkriegs blieb das Gut im Besitz der Familie, danach beherbergte es ein Salesianerkloster, später fungierte es als Kriegslazarett und nach dem Krieg nacheinander als Hauptquartier der „stribai“ genannten Kollaborateure der Sowjets, als Schule und als Wohnheim.
Jeder neue Nutzungszweck veränderte auch das Gesicht des Anwesens, und als der Unternehmer Arūnas Svitojas es 2005 erwarb, hatte er nicht wenig Mühe, das authentische Gut wiederherzustellen und die verlassenen Gebäude zu restaurieren. Heute erfreut das neu erstandene Gut die Bewohner des Städtchens ebenso sehr wie seine Besucher. Hier finden Konzerte und Konferenzen sowie verschiedene andere kulturelle und Lehrveranstaltungen statt.
Seine eigentliche Blüte erlebte Saldutiškis unter Bołeslav Jałowiecki, dem Enkel von Antoni. Er hatte die Kriegsakademie in Petersburg absolviert und interessierte sich für Eisenbahn – er hielt nicht nur Aktien der Bahn, sondern entwarf auch selbst zwei exklusive Luxuszüge für den Zaren.
Für seinen Entwurf erhielt Jałowiecki viel Lob und obendrein als Geschenk die Erlaubnis, Land um Saldutiškis hinzuzukaufen. So wurden die Dörfer Antalamėstė, Krivasalis, Plaučiškės, Trinkūnai, Pakievenis, Pavyžinčis, Varniškis und Vilkolakis dem Gut eingegliedert. Für seinen vergrößerten Besitz waren Jałowiecki weder Zeit noch Geld zu schade. Er ließ einen Marstall, einen Viehstall, eine Scheune, und ein Eishaus errichten sowie um das Herrenhaus einen 11 Hektar großen Park anlegen. Der Wald wurde dicht mit Lärchen bepflanzt.
Der Eisenbahn blieb Bołeslav Jałowiecki auch weiterhin treu. Er ließ neben dem Herrenhaus die erste Schmalspurbahn Litauens – von Panevėžys nach Švenčionėliai – verlegen. Der Bau wurde von ihm höchstpersönlich beaufsichtigt.
Zeitgleich mit dem Bau der Schmalspurbahn und ebenfalls unter Aufsicht des Gutsbesitzers entstand auf dem Gelände ein großer Speicher für Korn, Mehl, Haushaltsgegenstände und landwirtschaftliche Geräte. Bemerkenswert ist, dass Bołeslav Jałowiecki als Baumaterial nicht die damals üblichen Balken, sondern riesige Feldsteine auswählte und die Fenster mit Einfassungen aus rotem Backstein versah.
Die Besitzer des Anwesens wechselten und die Gebäude verfielen mit der Zeit. Um wenigstens die Baumaterialien retten, verwendete man in den Zwischenkriegsjahren das Gemäuer des Speichers für den Bau der Franz-von-Assisi-Kirche. Aus den Feldsteinen wurde das Fundament errichtet und diesem ein hölzerner Teil mit Türmen aufgesetzt. In dieser Gestalt steht die Kirche heute noch.
Gut Saldustiškis ist stolz auf seinen dendrologischen Garten mit vielen seltenen Pflanzen. Unter den 22 verschiedenen Arten von Bäumen und Sträuchern sind die bekanntesten Japanische Lärche, Glanzwergmispel, Tatarischer Bergahorn, Gewöhnliche Schneebeere und Gemeiner Erbsenstrauch. Seit 1958 ist der Gutspark als besonderes Naturdenkmal geschützt.
Etwa 50 Kilometer von Saldutiškis entfernt liegt das ebenfalls gut erhaltene Gut Paliesius. Der Landsitz im Bezirk Ignalina wird oft als Beispiel für gelungene Restaurierung präsentiert. Den Besucher erwarten nicht nur die wiederhergestellten Gutsbauten, sondern auch ein Hotel, ein Restaurant und sogar ein Spa.
Das damals noch aus Holzbauten bestehende Gut Paliesius kaufte 1736 der livländische Beamte Kazimieras Jonas Kublickas. Dieser machte sich zunächst an den Bau des Marstalls, dem er später mehrere andere Wirtschaftsgebäude sowie ein bescheidenes Wohnhaus aus Backstein hinzufügte. Unter den Gutsgebäuden ist der mit seiner Hufeisenform in Litauen einmalige Stall hervorzuheben. Er ist inzwischen in eine Glas- und Metallkonstruktion integriert und fungiert als Veranstaltungsstätte.
Die Kublickiai trugen als versierte Landwirte und erfolgreich Handeltreibende wesentlich zur Entwicklung des nahe gelegenen Mielagėnai bei. Sie betrieben ein Wirtshaus, ließen den Marktplatz pflastern und unterhielten mehrere Läden. Sogar eine steinerne Kirche ließen die Kublickiai erbauen. Der zum Inventar gehörende Kerzenhalter mit dem Wappen der Kublickiai erinnert bis in unsere Zeiten an die Blütezeit von Gut Paliesius.