GUT PALANGA
Im Mittelalter war Palanga ein wichtiges Handelszentrum. Später machte sich das Städtchen einen Ruf als Seebad. 1824 gelangte das Gut Palanga in den Besitz der Grafen Tyszkiewicz. Diese weilten zunächst nur im Sommer in dem hölzernen Herrenhaus, begannen jedoch Palanga als Ferienressort zu erschließen. Józef Tyszkiewicz eröffnete ein Restaurant und mit dem „Kurhaus“ das erste Hotel. Am Strand ließ er Umkleidekabinen aufstellen sowie Marmorwannen mit Heißwasser einrichten.
Nach dem Tod von Józef Tyszkiewicz setzte sein Sohn Feliks das begonnene Werk fort. Er ließ Ferienhäuser bauen und spezialisierte Heilanstalten einrichten. Schließlich beschloss er, sich gänzlich in Palanga niederzulassen und begann 1897 im Birutė-Wald mit dem Bau des neuen Herrenhauses. Mit dem Entwurf beauftragte er den deutschen Architekten Franz Schwechten, den er auf seiner Hochzeitsreise kennengelernt hatte. Das Palais wurde mit Kunstwerken, Gemälden und allerlei Komfort ausgestattet. Gäste wurden zum festlichen Dinner in einen großen Speisesaal geladen. Dann wurden sie zuerst in französischer Manier mit Rosenblütentee aus den Rosen im Park, Löwenzahnhonig, Wein und Weintrauben bewirtet. Die warmen Gerichte kamen aus der Küche im Sockelgeschoss mit einem Aufzug in den Speisesaal. Nach dem Mahl setzte man sich im Salon an den Kamin. Man sprach über Literatur, lauschte Konzerten, und der Graf präsentierte seine selbst gesammelten Bernsteinerzeugnisse aus der Steinzeit. Er war ein sehr charmanter Gastgeber. René André, der den im englischen Stil gehaltenen Park mit Blumenbeeten, Teichen und Brückchen angelegt hatte, schrieb in einem Brief an seinen Vater, man können sich kaum feinsinnigere Menschen vorstellen. Über Antanina Tyszkiewicz äußerte er sich hingerissen: „Sehr schön, mit herrlichen Haaren und Augen, die sanfte Stimme betört geradezu“. Die Tochter eines polnischen Adeligen, die Feliks geehelicht hatte, war eine echte Aristokratin. Vom Wesen her zurückhaltend, bildete sie dennoch den Mittelpunkt des Lebens im Palais. Das Paar Tyszkiewicz war tief religiös. Auf ihren Wunsch wurde im Park eine Skulptur des segnenden Jesus aufgestellt, eine Lourdes-Grotte eingerichtet und eine Kapelle errichtet.
Nach dem Tod von Feliks Tyszkiewicz ging das Gut in den Besitz seines älteren Sohnes Stanislaw über. Dieser emigrierte vor dem Krieg nach Amerika. Alfred, der jüngere Sohn, ließ sich in Polen nieder. Der Besitz der Tyszkiewicz wurde enteignet. Das Herrenhaus bewohnten sowjetische Grenzsoldaten, später wirkte hier eine Künstlerwerkstatt. Seit 1963 befindet sich in dem Schloss das Bernsteinmuseum Palanga.