GUT BIRŽUVĖNAI

Bereits im 14. Jahrhundert befand sich in Biržuvėnai ein großes königliches Gut. In der Folgezeit wechselte das Gut mehrmals seinen Besitzer, bis es im Februar 1670 schließlich der samogitische Edelmann Michał Gorski erwarb. Im Besitz seiner Nachfahren sollte es weitere 300 Jahre bleiben.
Michał Gorski begann gleich nach seiner Hochzeit mit Ona Vainaitė mit der Umgestaltung des Guts. In Biržuvėnai entstanden ein repräsentativer einstöckiger Holzpalast mit Offizinen sowie Wirtschafts- und Produktionsgebäuden. Das Herrenhaus wurde innen und außen mit Familienwappen geschmückt. Den Status der Gorski unterstrichen Kunstwerke und kostbare Mahagonimöbel. Die Zeit zeigte eine Uhr aus Bronze und Marmor an.
Das luxuriös ausgestattete Gut wurde gern von Gästen besucht. Im Frühling lustwandelten sie im mit weißen Blüten übersäten Garten auf von Blumengebet gesäumten Parkwegen. Zu Abendessen erschienen die Damen mit schleppenbesetzten Kleidern und ihre Begleiter holten festliche Fracks aus dem Schrank. Währenddessen zogen die Mägde die mit den Initialen der Gorski geschmückten Messer, Gabeln und Löffel aus 12-karatigem Silber sowie Schüsseln und Kännchen aus Kristallglas aus den Schränken. Sie wurden daraufhin vom polnischen Koch Jan Mironiuk, dem kukorius, mit den schmackhaftesten Speisen gefüllt. Wenn die Gäste seine in Roggenteig gebackene Gans zu kosten bekamen, waren sie voll des Lobes und horchten ihn nach dem Rezept aus. Seinem Erfolg hatte der Koch zu verdanken, dass er einen besseren Stand als die übrigen Bediensteten genoss.
Die Dienerschaft bekochte seine Frau. Sie musste sich um raffinerte Gerichte keine Gedanken machen, denn es hieß vor allem die Mäuler zu stopfen. Auf dem Gut waren neunzehn Männer und sieben Frauen beschäftigt. Die Instleute waren schon vor Sonnenaufgang auf den Beinen und blieben den ganzen Tag in den Stallungen und auf den Feldern. Für Fleiß und Gehorsam erhielten sie vom Gutsbesitzer Land und Getreide.
Vor dem Zweiten Weltkrieg setzte die Verbannungswelle ein. Anna Gorska, die letzte Besitzerin, wurde von einem ehemaligen Bediensteten gewarnt und konnte mit ihrer Tochter rechtzeitig fliehen. Währen des Kriegs wurde das Gut von Offizieren eingenommen. Das luxuriöse Interieur wurde zerstört, im Herrenhaus ein Sowjoskontor eingerichtet.
2011 hat man das Gebäude rekonstruiert. Inzwischen werden auf dem Hof Lesungen und Ausstellungen veranstaltet, von hier aus werden Exkursionen gestartet und manchmal wird hier auch geheiratet.

  • Die Offizinen auf Gut Biržuvėnai datieren vom Anfang des 18. Jahrhunderts. Hier bewohnten die Gutsbediensteten mit ihren Familien separate Wohnungen. Ein besonderer Günstling des Gutsbesitzers was der polnische Koch Jan Mironiuk, den dieser aus Vilnius geholt hatte. Insgesamt waren auf dem Gut mehrere Hundert Insten und Bedienstete in Lohn und Brot.
  • Der Marstall von Biržuvėnai entstand zu Beginn des 18. Jahrhunderts. In ihm wurden fast zwanzig Arbeitspferde und zehn Reitpferde gehalten. Besonders gehätschelt wurde das Lieblingspferd des Gutsherrn, ein Trakehnerhengst. Außerdem hatte man sich der Erhaltung der žemaitukai verschrieben. Die Vertreter dieser bedrohten Rasse wurden aus ganz Litauen nach Biržuvėnai gebracht. Doch schon bald wurde das Gebäude von einem Feuer heimgesucht, dem alle Pferde bis auf eines zum Opfer fielen.
  • Die Wagenremise unterscheidet sich äußerlich wenig vom Marstall nebenan. In den vier Hallen mit den breiten Toren standen Kutschen, Britschken und Schlitten. In den Seitennischen lagerten die Kutscher um die 50 Ersatzräder, verschiedenste Sättel, Pferdedecken und anderes Zubehör.
  • Der aus rotem Backstein gemauerte Eiskeller erfüllte die Funktion eines Kühlschranks. In dem rechteckigen, fensterlosen Gebäude gab es eine einzige Tür. Innen musste man eine Bodenluke öffnen, durch die man schließlich in den kühlen Keller gelangte. Im Winter sägte man Eisbrocken aus den gefrorenen Teichen heraus, um damit den Keller zu füllen. Außer Fleisch und Fisch kühlte man hier auch Milchprodukte, denn die rund 70 holländischen Kühe auf Gut Biržuvėnai gaben täglich 25 bis 30 Liter Milch.
  • Die Kartonfabrik am Ufer der Virvytė wurde 1900 aus Ziegelstein gemauert. Sie verfügte über ein Kraftwerk, das Herrenhaus und Arbeiterwohnungen kostenlos mit Strom versorgte. Der übrige Teil der Fabrik mit seinen beiden großen Dampfkesseln diente der Kartonproduktion. Ein ganzer Pulk Arbeiter, darunter allein zwanzig Frauen, war hier im Schichtbetrieb tätig. Eine Schicht hatte zwölf Stunden. Der fertige Karton wurde mit einem Sechser-Pferdegespann zum Bahnhof Kuršėnai gebracht und von dort aus weiterbefördert für den Verkauf.
  • Das Ingenieurshaus von Gut Biržuvėnai wurde 1900 erbaut. In dem zweiteiligen Holzhaus mit Unterstand lebte der Ingenieur der Kartonfabrik von Gut Biržuvėnai. Die Qualität des Kartons war jedoch so schlecht, dass man nach 30 Jahre keine Abnehmer mehr fand. Die Fabrik musste schließen und wurde zu einer Mühle umfunktioniert. Auch das Wohnhaus änderte seine Funktion: nach dem Auszug des Ingenieurs erhielt es einen Anbau und beherbergte fortan eine Grundschule.
  • Die Badestube am Virvytė-Ufer steht dort seit dem 18. Jahrhundert. Das Bauwerk hatte zugleich zwei Funktionen: das eine Ende diente als Badestube, das andere als Bierbrauerei. Die Badestube wurde von zwei Öfen in der Diele beheizt und nur von der „schwarzen“ Familie, den Gutsarbeitern aufgesucht. Zu Beginn des 20. Jahrhunderts wurde das Gebäude zu einer Waschküche und einer Wohnung umfunktioniert.
  • In dem rechteckigen Gebäude aus rotem Backstein im Wirtschaftsteil von Gut Biržuvėnai wurde verschiedenstes Obst und Gemüse gelagert, dennoch nannte man es bald nur noch den Apfelkeller. Die frisch geernteten Früchte wurden auf eigens geschmiedeten Regalen gelagert. In Obst mangelte es nie auf dem Gut, denn unter den Fenstern des Herrenhauses wuchsen um die 50 Apfel-, Birnen- Kirsch- und Pflaumenbäume. Außer Obst lagerte man hier auch Kartoffeln und Sauerkohl.
    Zu Sowjetzeiten wurde das Gebäude in ein Wohnhaus umgewandelt.
  • Der Schweinestall von Gut Biržuvėnai stammt vom Beginn des 20. Jahrhunderts. Das rechteckige Gebäude ist aus Ziegelstein gemauert und trägt ein Satteldach. An beiden Enden des Gebäudes gibt es Tore. Die Edelleute Gorski unterhielten seinerzeit eine ansehnliche Vierzucht. Die Schweine wurden mit Magermilch gemästet und dann verkauft.
  • Der Speicher von Gut Biržuvėnai wurde zum Ende des 19. Jahrhunderts gebaut. Der zweistöckige Holzbau verfügt über dicht gefügte Dachsparren. In den drei Innenräumen lagerte man Mehl und Getreide sowie Geräte für Haus- und Landwirtschaft. Die alten Dorfbewohner berichten, dass man sich hier früher zum Gebet versammelte. Ende des 18. Jahrhunderts hatte der damalige Gutsbesitzer Ludwik Gorski im Speicher eine Kirche eingerichtet.
  • Der riesige Stall auf Gut Biržuvėnai wurde 1904 gebaut. An den Enden des Gebäudes befinden sich drei zweiflügelige Tore. Durch diese Tore wurde das Vieh hineingetrieben, wenn es von der Weide zurückkehrte. Damals hielt man auf dem Gut um die 70 holländische Kühe, die täglich 25 bis 30 Liter Milch gaben. Außer den Milchkühen gab es fast 60 Kälber, 34 Färsen, 44 Ochsen und sechs Zuchtbullen. Die Zementtränken im Stall sind bis heute erhalten.
  • Die Scheunen auf Gut Biržuvėnai sind die einzigen Holzscheunen in Litauen, die von außen befahrbare Brücken ins Innere haben. Solche technischen Lösungen vereinfachten die Arbeit der Insten. Da die Wagen bis zur Mitte einer Scheune vorfahren konnten, mussten sie Heu und Stroh nicht so weit mit den Heugabeln schleppen.
  • Die Scheunen auf Gut Biržuvėnai sind die einzigen Holzscheunen in Litauen, die von außen befahrbare Brücken ins Innere haben. Solche technischen Lösungen vereinfachten die Arbeit der Insten. Da die Wagen bis zur Mitte einer Scheune vorfahren konnten, mussten sie Heu und Stroh nicht so weit mit den Heugabeln schleppen.
  • Die drei architektonisch identischen Insthäuser entstanden Ende des 19. Jahrhunderts. Hier lebten die Arbeiter, die in der Kartonfabrik beschäftigt waren, mit ihren Familien. In jedem Haus gab es vier Wohnungen mit zwei Zimmern, einer Vorratskammer und einer Diele. Die Wohnungen wurden mit Strom aus der Fabrik gespeist. Die Arbeiter mussten dafür nichts bezahlen.
  • Die drei architektonisch identischen Insthäuser entstanden Ende des 19. Jahrhunderts. Hier lebten die Arbeiter, die in der Kartonfabrik beschäftigt waren, mit ihren Familien. In jedem Haus gab es vier Wohnungen mit zwei Zimmern, einer Vorratskammer und einer Diele. Die Wohnungen wurden mit Strom aus der Fabrik gespeist. Die Arbeiter mussten dafür nichts bezahlen.
  • Zu Beginn des 18. Jahrhunderts wurde ein Insthaus für die Gutsarbeiter gebaut. In dem Holzbau gab es vier Wohnungen. Jeder hatte eine separate Tür und zwei Räume: ein Wohnzimmer und eine Vorratskammer. Die Fußböden in den Instwohnungen bestanden aus festgestampftem Lehm. Die Arbeiter selbst trugen meist absatzlose naginės oder Holzschuhe sowie aus Werg oder Loden gefertigte Kleidung. Für ihr emsiges Arbeiten wurden die Insten angemessen entlohnt. Das Gut wies ihnen ein Stück Land zu und sie erhielten Korn. Wer Nutztiere hielt, bekam außerdem Weideland und Heu.
  • Die aus Holz gebaute Schmiede auf Gut Biržuvėnai datiert vom Ende des 18. Jahrhunderts. In dem Gebäude befanden sich sowohl die Schmiedewerkstatt selbst als auch die Wohnräume, in denen der Schmied mit seiner Familie lebte. In der Mitte der Werkstatt stand an der Wand der aus Stein und Mauerziegeln gemauerte Schmiedeofen. An der Decke und auf dem Lehmboden des kleinen Gebäudes kann man noch heute Fragmente von Schmiedegeräten sehen.
  • Der gemauerte Bildstock auf den Feldern des Guts wurde 1764 errichtet: Eine massive weiße Kapelle mit einem roten Pyramidendach auf einem runden Pfahl. Über dem Dach erhebt sich ein kunstvoll geschmiedetes Kreuz. Mit dem 500 Meter vom Herrenhaus entfernten Bildstock wollte der Gutsherr seiner Neugestaltung des Guts ein Denkmal setzen.
  • Für den Familienfriedhof hatten die Gorski einen waldbewachsenen Hügel ausgewählt, zu dem eine Kastanienallee führte. Auf dem Friedhof stand eine gemauerte Gruft, in der sieben Menschen ihre letzte Ruhe fanden. Es heißt, dass die Gorski in Vorahnung unruhiger Zeiten hier Gold versteckten. Zu Sowjetzeiten wurden die Gräber geplündert. Offenkundig, wenn auch erfolglos, hatte man versucht, das versteckte Gold zu finden. Später wurde an dieser Stelle eine neogotische Kapelle erbaut, die während des Ersten Weltkrieges zerstört wurde. Heute sieht man auf dem Alten Friedhof von Gut Biržuvėni nur noch ein von dem Gutsbesitzer Adam Gorski errichtetes schmiedeeisernes Kreuz sowie Reste des Grabmals von Napoleon Tytus Gorski.
  • Das Herrenhaus Biržuvėnai war umgeben von Laub- und Nadelbäumen, farbenfrohen Blumenbeeten und Teichen, in denen sich der Himmel spiegelte. Auch die Gutsbesitzer und ihre Gäste lustwandelten gern auf den Wegen dieses Parks. Bereits im 20. Jahrhundert plante der Erbe des Anwesens, Antoni Gorski, den Park zu erneuern. Der von ihm beauftragte Architekt entwarf neben den alten Teichen neue Wege und großflächige Grünanlagen. Es gab auch allerlei geheimnisumwobene Orte im Park. Jeden Morgen eilten die Dienstmädchen mit Eimern zu einer magischen Quelle. Wenn man deren Wasser trank und sich das Gesicht wusch, konnte man Gesundheit und Jugend wiedererlangen. Andere erhofften den Beistand höherer Mächte von der alten zweistämmigen Kiefer. Mancher steckte sogar eine Münze hinter die Baumrinde, damit sein Wunsch noch schneller in Erfüllung ginge. Den großen Stein mit dem Abdruck eines Laumenfußes wiederum mieden die Männer. Die Alten sagen, dass sich hier in den Morgenstunden die Laumen versammelten, um einen Jüngling in die Badestube zu locken. Dort ließen sie ihn aus ihren Umarmungen niemals mehr entkommen.

Lietuvos Dvarai : Liste von Gutshöfen
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